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Muss ich oder darf ich? Warum kleine Worte große Unterschiede machen

  • Nicole Fischer
  • vor 6 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Gestern in meinem Netzwerk: Eine kleine Diskussion, große Wirkung.

Es ging um sogenannte „Modaloperatoren“ – Wörter wie muss, sollte, kann, darf. Lustigerweise war ich gerade dabei, einen Blogartikel über dieses Thema zu verfassen. Denn ein kleines Wort wie „darf“ kann große Türen im Kopf aufstoßen – davon bin ich überzeugt.


Doch einige äußerten Bedenken: „Wie soll ich denn sagen ich darf Hausaufgaben machen – wenn ich sie schlichtweg machen muss?“

Eine berechtigte Frage. Und genau deshalb schreibe ich diesen Beitrag jetzt noch einmal – ein wenig anders als geplant.

Denn es geht mir nicht darum, die Realität zu verharmlosen. Natürlich gibt es Dinge, die getan werden müssen, das haben wir von klein auf so gelernt. Termine einhalten, Pflichten erfüllen, wie zum Beispiel die Hausaufgaben.

Aber selbst in diesen Momenten macht es oft einen Unterschied, wie wir mit uns sprechen.


Ein persönliches Beispiel


Vor ein paar Jahren musste ich eine Zahn-OP über mich ergehen lassen. Ich hatte entsetzliche Angst davor. Bis eine Kollegin zu mir sagte:


„Du musst da nicht hin. Niemand kann dich zwingen. Es ist eine Option – und zwar eine gute. Aber du allein darfst entscheiden, ob du da hingehst.“


Ein für mich bis dahin völlig neuer Gedanke. Aber dieses kleine Hintertürchen – die Option nicht zu müssen – gab mir die Freiheit, es trotzdem zu tun.

Ich musste nicht, ich durfte eine Entscheidung treffen. Und dadurch konnte ich wieder atmen. Und es durchziehen.


"Ich darf" ist so viel mächtiger als "ich muss"!
"Ich darf" ist so viel mächtiger als "ich muss"!

Entscheidung statt Zwang


Ähnlich war es bei meinem Sohn. Hausaufgaben waren lange ein Kampf.

Bis ich begann zu sagen:


„Du musst die nicht machen. Aber du darfst entscheiden, ob du sie machst. Wenn du sie nicht machst, wird das Konsequenzen haben – und wenn du sie machst, auch. Du entscheidest.“


Was passiert ist?

In gefühlt 98 % der Fälle hat er die Hausaufgaben gemacht. Weil er sich dafür entschieden hat – nicht, weil ich ihn gezwungen habe. Ein paar Mal war es ihm nicht möglich - und das war okay. Aber die Möglichkeit der Entscheidung hat ihm fast immer dabei geholfen, das Tun zu wählen.


Ganz wichtig: Diese Art von Sprache bedeutet nicht, alles weichzuspülen, sondern sie erlaubt uns, Verantwortung für uns zu übernehmen.

Nicht weil wir müssen – sondern weil wir dürfen.


Sprache formt Realität


Sprache beeinflusst unser Denken. Und Denken beeinflusst unser Handeln.

Ich gebe zu: Es ist ungewohnt, zu denken „Ich darf jetzt Fenster putzen.“ Aber probier’s mal aus.

Es klingt anders. Es fühlt sich anders an. Und manchmal macht genau das den entscheidenden Unterschied.


Ich tappe auch heute noch regelmäßig in die „Ich muss“-Falle. Aber ich merke es immer öfter. Und jedes Mal, wenn ich das kleine Wort darf wähle (oder kann oder einfach: ich tue es), statt ich muss, weitet sich innerlich ein Raum.


Ein Raum, in dem ich nicht gezwungen werde, sondern mich entscheide, in dem ich gestalten kann.

Klar, „du darfst“ ist kein Zauberspruch. Aber manchmal fühlt es sich so an.

Weil es Selbstwirksamkeit statt Ohnmacht schenkt.

Weil es Mut macht, statt Druck zu erzeugen.

Weil es erlaubt, Entscheidungen zu treffen – und das kann wunderbar entlastend sein.

 
 
 

1 Comment


Siegbert Rudolph
Siegbert Rudolph
vor 2 Tagen

Ja! Es ist immer wieder faszinierend, wie „muss“ interpretiert wird. Am schlimmsten war das Wort „alternativlos“, mit dem vor einigen Jahren Entscheidungen von der Regierungschefin begründet wurden. Es gibt immer eine Alternative. Man muss nie die Fenster putzen. Wenn man es nicht tut, werden die halt immer schmutziger. Wenn man die Fenster sauber haben will, muss man sie aber putzen. Vor diesem „muss“ kommt aber die freie Entscheidung für gute Sicht nach draußen. Wenn man immer ein bisschen weiterdenkt und die Zusammenhänge im Auge hat, verliert das Wort „muss“ sein negatives Image. Das Hausaufgabenbeispiel bringt das auf den Punkt. Beim Fensterputzen kann ich nicht mitreden, aber, weil ich will, dass mein Rennrad glänzt, putze ich es gern, auch wenn das…

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